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Sind ETFs noch zeitgemäß?

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Endlich gibt es wieder Zinsen. Aber solltest du deswegen ab sofort nur noch in Tagesgeld und Anleihen anstatt in Aktien investieren?

Sind ETFs noch zeitgemäß?
 
  • Level: Für Fortgeschrittene
  • Lesedauer: 5 Minuten
Das erwartet dich in diesem Artikel

Sind steigende Zinsen schlecht für den Aktienmarkt?

Aktienmärkte mögen steigende Zinsen überhaupt nicht. Dies zeigt sich aktuell einmal mehr. Infolge der stark steigenden Leitzinsen in den USA, Europa und Co. verloren die Aktienmärkte zeitweise deutlich an Wert und erholten sich nur schleppend. Die Allzeithochs vom Ende des Jahres 2021 und Anfang 2022 werden seit rund eineinhalb Jahren vergeblich versucht zu überspringen – bisher ohne größeren Erfolg.
Wertentwicklung des Weltaktienmarkts anhand des MSCI ACWI IMI (01.09.2020 - 01.09.2023)
Wertentwicklung des Weltaktienmarkts anhand des MSCI ACWI IMI (01.09.2020 - 01.09.2023)
Quelle: justETF Research; Stand: 04.09.2023
Doch woran liegt das? Schuld daran ist – unter anderem – das gestiegene Zinsniveau. Denn wenn der risikolose Zins steigt, wird es vor allem für große institutionelle Investoren attraktiver, Geld in risikoärmeren Assets – wie Staatsanleihen – zu parken. Eine (quasi) risikolose Rendite von 3 bis 4% bei US-Staatsanleihen wird von vielen Investoren dem risikoreichen Investment in Aktien vorgezogen. Zwar winken bei Aktien höhere Renditen, doch auch das Risiko steigt entsprechend an.
Angesichts der geänderten Gesamtsituation fragst du dich daher vielleicht: Macht das Investieren in Aktien-ETFs aktuell eigentlich noch Sinn? Oder sollte ich lieber in risikoärmere Assets wie Tagesgeld oder Anleihen umschichten? Wir gehen dieser Frage mal nach.

Haben Aktien-ETFs jetzt ausgedient?

Grundsätzlich lässt sich die Geldanlage in zwei Bereiche einteilen.
  • Den risikoarmen Portfolioanteil
  • den risikobehafteten Portfolioanteil
In der modernen Portfoliotheorie geht man davon aus, mit risikobehafteten Anlageklassen wie Aktien langfristig Renditen über der Inflationsrate erzielen zu können. Die reale Rendite sollte also positiv sein.
Beim risikoarmen Portfolioanteil geht es darum, das angelegte Geld mit größtmöglichster Sicherheit nominal (ggf. plus Zinsen) zu einem festen Zeitpunkt zurückzuerhalten. Wird die Inflation mit eingerechnet, kann es aber in vielen Fällen dazu führen, dass das Vermögen real an Wert verliert. Befindet sich beispielsweise die Höhe der erhaltenen Zinsen unter dem Niveau der Inflationsrate, so spricht man von einem negativen Realzins.
Und was heißt das nun für dich als ETF-Fan? Bei der Betrachtung der Zinsen solltest du nie ausschließlich auf die nominalen Zinsen achten. Denn was zählt, ist der Realzins. Richtig ist aber trotzdem, dass du mit einem Investment in Aktien-ETFs für höhere Renditechancen auch höhere Risiken eingehst.
Wie so oft solltest du also auch hier ganz entscheidend auf deine Portfolio-Allokation achten. Fühlst du dich mit einer 100% Aktienquote unwohl? Dann solltest du einen Teil deines Portfolios in schwankungsarme Tagesgeldkonten oder kurzlaufende Staatsanleihen investieren. In diesem Teil deines Portfolios geht es also nicht um die Renditemaximierung. Dieser Teil dient vielmehr als Sicherheitsanker für dein Depot.

Unser Fazit

Um langfristig Vermögen aufzubauen, musst du Renditen über der Inflationsrate erzielen. Die Kapitalmarktgeschichte zeigt, dass dies in den vergangenen Jahrhunderten langfristig nur mit Sachwerten wie Unternehmensbeteiligungen (z.B. Aktien) möglich war. Die Antwort auf die Frage heißt also: Nein, Aktien-ETFs haben aufgrund der gestiegenen Zinsen nicht ausgedient.

Inflationsbereinigte, historische Renditen ausgewählter Asset-Klassen von 1900 bis 2016 (117 Jahre)

Reale Renditen in Lokalwährung Aktien (Large & Mid Caps) Langfr. Staatsanleihen Kurzfr. Staatsanleihen (Geldmarkt) Gold (in USD) Hauspreise
Welt 5,1% p.a. 1,8% p.a. 0,8% p.a. 0,6% p.a. N/A
USA 6,4% p.a. 2,0% p.a. 0,8% p.a. N/A 0,4% p.a.
Deutschland 3,3% p.a. negativ negativ N/A N/A
Österreich 0,8% p.a. negativ negativ N/A N/A
Schweiz 4,4% p.a. 2,3% p.a. 0,8% p.a. N/A N/A
Frankreich 3,3% p.a. 0,3% p.a. negativ N/A 1,2% p.a.
Großbritannien 5,4% p.a. 1,7% p.a. 1,0% p.a. N/A N/A
Norwegen 4,2% p.a. 1,9% p.a. 1,1% p.a. N/A 0,8% p.a.
Quelle: justETF Research, Gerd Kommer Invest GmbH; Stand: 04.09.2023
Aber: Das über viele Jahre vorherrschende Mantra, dass es zu Aktien keine Alternative gibt – “There is no alternative” – auch bekannt unter dem Akronym “TINA” – ist nicht mehr zutreffend. Denn während es über Jahre überhaupt keine Zinsen auf Guthaben gab, hat sich dies seit Beginn des Jahres 2021 geändert. Und wie zu Beginn des Artikels geschrieben, legen vor allem große Investoren wie Pensionskassen oder Vermögensverwalter Teile ihres Portfolios traditionell in Staatsanleihen an oder sind regulatorisch sogar dazu gezwungen, dies zu tun. Die großen Handelsvolumen der institutionellen Anleger sorgen dann dafür, dass Aktienkurse zeitweise zurückgehen können. In Amerika wurde “TINA” durch das geänderte Zinsumfeld inzwischen von “TARA” (There are reasonable alternatives) abgelöst.
Für uns Privatanlegerinnen und Privatanleger ändern die kurz- bis mittelfristigen Portfolio-Verschiebungen institutioneller Anleger aber nichts daran, dass Aktien historisch betrachtet die vielversprechendsten Renditeaussichten hatten und daher für den langfristigen Vermögensaufbau mit ETFs alternativlos bleiben.
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