Volatilität als Risikomass

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Die Volatilität beschreibt die Kursschwankungen eines Wertpapiers in der Vergangenheit. Je höher die Volatilität, desto stärker schwankt der Wert oder Kurs eines Wertpapiers. Aktien sind dabei zumeist volatiler als andere Anlageklassen wie zum Beispiel Anleihen.

Volatilität als Risikomass
 
Was dich in diesem Artikel erwartet
 

Wozu Volatilität?

Um Risiko zu beurteilen, wird in der Finanzwelt das "statische Maß der durchschnittlichen Schwankung der Kurse eines Wertpapiers" genutzt. Die Kennzahl heißt „historische Volatilität” und kann für unterschiedliche Zeiträume gemessen werden.
 
Die Ermittlung der Volatilität kann für jedes Wertpapier erfolgen, für das regelmäßig Preise entstehen, also zum Beispiel für Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder auch für Kryptowährungen – und natürlich für ETFs. Das Ergebnis ist immer eine Kennzahl, die in Prozent angegeben wird und für den betrachteten Zeitraum gilt.
 
Ein solches Maß zur Risikobeurteilung eines Wertpapiers ist wünschenswert. Denn die einfachste aller Börsenweisheiten lautet bekanntermaßen: ohne Risiko kein Ertrag. Nur: Wie viel Risiko muss ich eingehen, um ein bestimmtes Renditeziel zu erreichen? Darüber kann die Volatilität Aufschluss geben. Je höher die Volatilität, desto stärker schwankte das betrachtete Wertpapier in der Vergangenheit. Das bedeutet, dass große Kursverluste – aber genauso Gewinne – bei dem jeweiligen Wertpapier vorgekommen sind. Eine hohe Volatilität sagt daher nichts über die Güte eines Wertpapiers aus! Viele Anlegerinnen und Anleger bevorzugen eher Anlageinstrumente mit geringeren Schwankungen, allerdings oftmals auf Kosten der erzielbaren Rendite.
 
Wird der Volatilität die Rendite des Wertpapiers im gleichen Zeitraum gegenübergestellt, so lässt sich genau messen, wie viel Risiko eingegangen werden musste, um eine bestimmte Rendite zu erzielen. Wird das Vermögen auf unterschiedliche Wertpapiere gestreut, dann lassen sich Schwankungen eindämmen oder heben sich sogar gegenseitig auf. Dieser Effekt nennt sich Diversifikation und macht das Investment mit breiten Portfolios wie bei ETFs so attraktiv. Mit dieser Erkenntnis lassen sich Portfolios entwickeln und optimieren, wie beispielsweise ein ETF-Weltportfolio.
 
Das gesamte Konzept rund um Portfolio-Konstruktion, Volatilität und Rendite wurde in den 1960er Jahren als „Portfoliotheorie” entwickelt und 30 Jahre später mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.
 
Um mit der Volatilität zu arbeiten, musst du aber nicht gleich ein Diplom in Statistik erwerben. Damit du die Volatilität für die Geldanlage in Eigenregie nutzen kannst, genügt es, wenn du das Konzept dahinter verstehst und die Aussagekraft dieser Kennzahl für dich bewerten kannst. Dabei helfen wir dir in diesem Artikel. Die Kennzahlen selbst findest du bei justETF für jeden ETF auf dem ETF-Profil und in der ETF Suche bei "Spalten wählen".
 
justETF Tipp: In der ETF Suche und im Portfolio-Tool von justETF hast du die Möglichkeit, das Risiko einzelner ETFs oder deines ETF-Portfolios anhand einer Risikowolke zu analysieren.
 

Was genau ist Volatilität?

Volatilität ist ein statistisches Maß, also eine Formel, die auf den Kursverlauf eines Wertpapiers angewendet wird. Wissenschaftlich ausgedrückt, ist die Volatilität die annualisierte Standardabweichung der Tagesrenditen, alternativ auch der Wochenrenditen.
 
Um die Volatilität über ein Jahr zu berechnen, wird in der Regel die Schwankungsbreite der täglichen Wertentwicklung des letzten Jahres gemittelt und auf ein Jahr hochgerechnet. Die dadurch entstehende Kennzahl wird dann als erwartete Abweichung vom Erwartungswert der Anlage in einem Jahr gedeutet.
 
Für Mathe- und Statistikfans haben wir hier die entsprechende Formel aufgeführt:
 

Für Mathefans: Berechnung der Volatilität im Detail

Für Mathefans: Berechnung der Volatilität im Detail
Viel interessanter und aussagekräftiger sind aber einige Beispiele. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über die Volatilitätskennzahlen der wichtigsten Anlageklassen.
 
 

Volatilität in den wichtigsten Anlageklassen (Vgl.: 1 Jahr und 5 Jahre)

Anlageklasse/Portfolio Volatilität 1 Jahr Volatilität 5 Jahre
MSCI Emerging Markets (Schwellenländer-Aktien) 15,1% 17,0%
MSCI World (Industrieländer-Aktien) 13,3% 16,5%
Gold 15,6% 12,9%
Rohstoffkorb 12,7% 12,4%
Unternehmensanleihen EUR 1,6% 2,6%
Staatsanleihen EUR 3,3% 3,8%
Staatsanleihen EUR kurzlaufend 0,5% 0,7%
Tagesgeld 0,0% 0,0%
Zum Vergleich    
justETF Classic 50 Portfolio
(ausgewogenes ETF-Portfolio aus 50% Aktien und 50% Anleihen)
6,1% 7,9%
Quelle: justETF Research; Stand: 31.07.2021
 
Volatilität auf justETF.com
 
Die historische 1-Jahres-Volatilität findest du auf den ETF-Profilen in der ETF Suche. Weitere Zeiträume der Volatilität über 3 und 5 Jahre sowie die rollierende 1-Jahres-Volatilität in einem Verlaufschart findest du auf dem weiterführenden Reiter „Volatilität”. Du kannst die Volatilität in der ETF Suche auch als weitere Spalte hinzufügen.
 
Unser Chart der rollierenden Volatilität zeigt dir anschaulich, wie das aktuelle Risikoniveau des ETF im historischen Vergleich ist. In dem Chart entspricht jeder Punkt der historischen 1-Jahres-Volatilität am jeweiligen Tag. Die Volatilität eines ETF kannst du dir für die Hauptwährungen Euro, US-Dollar, Britisch Pfund sowie Schweizer Franken anzeigen lassen.

Rollierende 1-Jahres-Volatilität des iShares Core MSCI World Ucits ETF

Rollierende 1-Jahres-Volatilität des iShares Core MSCI World Ucits ETF
Quelle: justETF Research; Stand: 31.07.2021
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Was bedeutet die Volatilität für mich und mein ETF-Investment?

In der Finanzindustrie ist die Volatilität eines Wertpapiers entscheidend dafür, ob man dich ein Wertpapier kaufen lässt oder nicht. Die Volatilität bestimmt wesentlich die Risikoklasse eines Wertpapiers. Womöglich erinnerst du dich an die Risikoeinstufung bei der Einrichtung eines Depots, bei der ganz ähnliche Parameter abgefragt werden. Wenn du weitergehende Vollmachten erteilen würdest und nicht in Eigenregie investierst, zum Beispiel zur Verwaltung deines Vermögens, dann wird dein Risikobudget sogar noch sehr viel genauer festgelegt.
 
Allerdings wird dabei oft vernachlässigt, dass es sich bei der Volatilität um eine Analyse historischer Daten handelt. Es ist nicht gesagt, dass die Schwankungen in der Zukunft so eintreffen, wie sie in der Vergangenheit gemessen wurden – nach oben oder nach unten. Das gilt für die Rendite-Entwicklung ganz genauso. Hinzu kommt, dass es auch jahrelange Phasen geringer Schwankungen und vermeintlicher Sicherheit geben kann, die in einem abrupten Anstieg oder Absturz des Kurses enden können.
 
Exkurs: Der schwarze Schwan
 
In seinem Buch „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse” beschreibt Nassim Nicholas Taleb, wie die Häufigkeit extrem unwahrscheinlicher Ereignisse unterschätzt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung von offenen Immobilienfonds und Geldmarktfonds im Verlauf der Finanzkrise von 2007. Beide Anlageklassen galten als extrem risikoarm, gemessen an ihrer Volatilität. In beiden Fällen stieg die Volatilität sprunghaft an, nachdem die Preise von heute auf morgen teilweise um 20 Prozent und mehr fielen. In seinem nachfolgenden Buch „Antifragilität” stellt er Konzepte vor, wie Anlegerinnen und Anleger sogar von der Anfälligkeit unseres Finanzsystems für Schwarze Schwäne profitieren können.
Exkurs: Der schwarze Schwan
Ein Beispiel für die Nutzung der Volatilität in der Finanzindustrie und die damit verbundenen Probleme aus jüngster Zeit ist der dramatische Kurseinbruch zu Beginn der Corona-Pandemie, der vor allem bei Aktien zu einem enormen Anstieg der Volatilität geführt hat. Diesen Einbruch hatten viele Marktteilnehmer nicht vorausgeahnt, es bestand sehr große Unsicherheit zu den wirtschaftlichen Folgen durch die weltweite Pandemie. Sowohl der rasche Abschwung als auch die kurz darauf erfolgende stürmische Erholung der Aktienmärkte ließen die Volatilität in neue Höhen steigen. Alle, die langfristig anlegen und die auch im Einbruch nicht verkauft hatten, konnten im gleichen Maß zunächst von der raschen Erholung profitieren.
 
Wenn du nun aber einen Vermögensverwalter beauftragt hast, so musste dieser Teile deiner Wertpapiere verkaufen, denn die gemessene Volatilität war auf einmal zu hoch für die vom Regulator vorgegebenen Grenzen. So etwas passiert meist in kräftigen Abwärtsphasen. Die Konsequenz: Der folgende schnelle Aufschwung wurde verpasst.
 
 

Wie du dich selbst gegen Volatilität schützen kannst

Wenn du in Eigenregie in ETFs investierst, dann hast du vier Möglichkeiten zum Schutz vor hoher Volatilität:
 
  • Diversifikation: Bei ETFs ist die Diversifikation schon eingebaut. Chancen und Risiken werden auf viele Schultern verteilt. Ein breiter Welt-ETF, zum Beispiel auf den MSCI World, verteilt das Risiko auf rund 1.600 Werte. Das senkt dein Anlagerisiko erheblich. Eine Verbreiterung des Portfolios durch Hinzunahme anderer Anlageklassen wie Anleihen, Edelmetalle, Rohstoffe oder sogar Krypto-Investments senkt das Risiko, wenn sich diese Investments bei starken Schwankungen anders entwickeln als dein Portfolio aus Aktien-ETFs.
  • Lange Anlagedauer: Du kannst dich mit einer besonders langen Anlagedauer gegen Volatilität schützen, wenn du in Eigenregie investierst. Je länger du investiert bist, desto bedeutungsloser sind zwischenzeitliche Marktschwankungen für dich. Das haben wir anhand einer Analyse des Aktienrisikos über mehr als 50 Jahre ermittelt.
  • Risikoarme Komponente beimischen: Außerdem kannst du besonders risikoarme Komponenten zu deinem Portfolio beimischen. Erfahre im Artikel Welcher Risikotyp bist du, wie das mit einem ETF-Portfolio funktionieren kann. Dieser Anlagestrategie liegt das Investmentkonzept Buy and Hold zugrunde.
  • Robustes Portfolio: Durch eine entsprechende Konstruktion deines ETF-Portfolios kannst du dich gegen unerwartete Krisen wappnen. Das generiert in normalen Phasen kein zusätzliches Geld, hilft aber beim Meistern lang anhaltender Kapitalmarktkrisen. Erfahre in unserem Artikel, wie du in sechs Schritten ein robustes ETF-Portfolio erstellen kannst.
 
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