Das erwartet dich in diesem Vergleich
Die Demokratisierung der Private Markets – Hype oder Revolution?
Nachdem Scalable Capital im Frühjahr seine
Partnerschaft mit dem weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock bekannt gab, um die exklusive Anlageklasse Private Equity zugänglich zu machen, zieht nun der Konkurrent
Trade Republic mit einem noch aggressiveren Vorstoß nach. In Kooperation mit den Branchenriesen Apollo und EQT rollt der Neobroker ein Private-Markets-Angebot aus, das die Einstiegshürden auf einen symbolischen Euro senkt.
Diese Offensive signalisiert einen Paradigmenwechsel: Eine Anlageklasse, die jahrzehntelang als exklusiver Spielplatz für institutionelle Investoren, Family-Offices und Ultra-Vermögende galt, wird nun der breiten Masse angeboten.
Was ist ein ELTIF und was ändert die 2.0-Reform?
Ein
European Long-Term Investment Fund (ELTIF) ist ein durch die EU regulierter alternativer Investmentfonds (AIF). Sein Zweck ist es, Kapital von privaten und institutionellen Anlegern in langfristige, illiquide Projekte der Realwirtschaft zu lenken. Im Gegensatz zu traditionellen UCITS-Fonds, die primär in börsengehandelte und liquide Wertpapiere investieren, fokussieren sich ELTIFs auf Anlageklassen wie Private Equity, die für Privatanleger bisher kaum zugänglich waren.
Trotz dieser Liberalisierung bleiben die fundamentalen Risiken der Anlageklasse bestehen. Die Illiquidität, also die langfristige Kapitalbindung, ist ein Kernmerkmal und kein Fehler des Produkts. Die Bewertung der zugrundeliegenden, nicht-börsennotierten Unternehmen ist komplex und erfolgt nur periodisch, was die wahre Wertentwicklung verschleiern kann. Zudem sind die Kostenstrukturen vielschichtig und signifikant höher als bei passiven Standardprodukten wie ETFs.
Trade Republic, Scalable Capital, NAO & Liquid im direkten Vergleich
Der deutsche Markt für ELTIFs, die sich an Privatanleger richten, wird derzeit von einer Handvoll zentraler Akteure geprägt. Diese verfolgen höchst unterschiedliche Strategien in Bezug auf Zielgruppe, Kosten, Transparenz und Liquidität.
ELTIF-Anbieter im Vergleich
| Kriterium |
Trade Republic: Apollo Global Private Markets ELTIF |
Trade Republic: EQT Nexus ELTIF Private Equity |
Scalable Capital: BlackRock Private Equity Fund |
NAO: Partners Group Private Markets Opportunities ELTIF |
NAO: UBS Private Equity Evergreen Secondary Fund |
Liqid: Private Equity NXT |
| ISIN |
LU3170240538 |
LU3176111881 |
LU2970811951 |
LU2762282007 |
LU2461279726 |
LU2752403621 |
| Anlagestrategie |
Private Equity, Private Credit; Opportunistischer & Value-orientierter Anlagestil |
Private Equity; global diversifiziert in EQT-Strategien (Gesundheit, Tech, Dienstleistungen) |
Private Equity; Co-Investment-Strategie mit führenden PE-Managern |
Private Equity; Direct-Investment-Strategie; Fokus auf wachstumsstarke Privatunternehmen |
Private Equity Sekundärmarkt; Erwerb von Anteilen an bestehenden PE-Fonds und Co-Investments |
Private Equity; Co-Investment-Strategie mit Neuberger Berman; Fokus auf globalen Mittelstand |
| Kostenstruktur |
2,80 % laufende Kosten + 1,71 % Performance Fee (bis zu 4,51 % p.a.) |
2,35 % laufende Kosten; keine Performance Fee |
2,30 % laufende Kosten (1,95 % Verw. + 0,35 % sonst.) + 12,5 % Performance Fee (über 5 % Hurdle Rate) |
2,30 % laufende Kosten + geschätzte Performance Fee von 0,61 % + Kauf- (2,00 %)/Verkaufsgebühren (0,79 %) über die Plattform |
2,80 % laufende Kosten + 10 % Performance Fee auf monatliche Portfoliorendite + Kauf-/Verkaufsgebühren |
2,82 % laufende Kosten (2,49 % Verw. + 0,33 % sonst.) + 12,5 % Performance Fee über 8 % Hurdle Rate |
| Transparenz |
Gering. Keine konkreten Portfoliounternehmen kommuniziert, nur Branchen. |
Hoch. Kommuniziert einige Portfoliounternehmen und Gewichtung (z.B. Vinted, Flixbus) |
Mittel. Offenlegung einiger konkreter Portfoliounternehmen über "Deal Corner“ in der App (z.B. Carglass, Nord Anglia Education, The StepStone Group) |
Mittel. Kommuniziert ausgewählte Portfoliounternehmen (z.B. Breitling, GlobalLogic) |
Gering. Wenige konkrete Angaben, eher nebulös („Project Iceman“) |
Hoch. Kommuniziert die größten Portfoliounternehmen und Gewichtungen (Transparent einsehbar über die "Dealcorner" auf der Liqid-Website) |
| Liquidität |
„Monatliche“ Verkaufsmöglichkeit über internen Marktplatz. Pseudoliquidität, da Verkauf von Käufer abhängt. Ansonsten vierteljährliche Rückgabe mit „Gating“ (max. 3 % des Fondsvermögens pro Quartal). |
„Monatliche“ Verkaufsmöglichkeit über internen Marktplatz. Pseudoliquidität, da Verkauf von Käufer abhängt. Ansonsten vierteljährliche Rückgabe mit „Gating“ (max. 3 % des Fondsvermögens pro Quartal). |
Hartes „Lock-up“ bis 30.06.2027. Danach vierteljährliche Rückgabe, begrenzt auf 5 % des Fondsvolumens pro Quartal. |
„Empfohlene Mindesthaltedauer 5 Jahre“. Früherer Verkauf möglich, kann aber zu Verlusten (Strafgebühren) führen. |
„Empfohlene Mindesthaltedauer 5 Jahre“. Früherer Verkauf möglich, kann aber zu Verlusten (Strafgebühren) führen. |
Nach Aufbauphase (bis Ende Q3 2026) quartalsweise Rückgabe (begrenzt). Rückgabe mit „Gating“ (max. 5 % des Fondsvermögens pro Quartal & 20 % p.a.). Zusätzlich steht ein interner Marktplatz zur Veräußerung von Anteilen zur Verfügung. |
| Mindestanlage |
1 € (Als Einmalanlage und Sparplan) |
1 € (Als Einmalanlage und Sparplan) |
10.000 € Einmalanlage. Sparplan in Planung. |
5 € (per Sparplan möglich) |
1 € (per Sparplan möglich) |
20.000 € Einmalanlage oder 10.000 € mit Sparplan (min. 200 € monatlich) |
Quelle: justETF Research; Stand: 09.10.2025
Die drei großen Fallstricke von ELTIFs
Hinter den Hochglanzbroschüren und den verlockenden Renditeversprechen der ELTIFs verbergen sich fundamentale Probleme, die jeder potenzielle Anleger verstehen muss. Die "Demokratisierung" hat die Risiken nicht beseitigt, sondern nur neu verpackt.
Die Kostenfalle: Wie Gebühren die Rendite auffressen (können)
Aus den beworbenen Zielrenditen von 12 % oder mehr geht nicht bei jedem Anbieter hervor, ob dies Brutto-Angaben vor Abzug der erheblichen Kosten sind, oder ob es sich um Netto-Beträge handelt. Eine einfache Beispielrechnung verdeutlicht, wie stark in einem solcher Fall die Nettorendite für den Anleger schmilzt:
- Beispiel Trade Republic (Apollo): Bei einer angenommenen Bruttorendite von 12 % und maximalen Gesamtkosten von 4,51 % verbleiben für den Anleger lediglich 7,49 % Nettorendite.
- Beispiel Scalable Capital (BlackRock): Bei 12 % Bruttorendite fallen zunächst 2,30 % laufende Kosten an, es verbleiben 9,7 %. Von diesem Gewinn gehen die ersten 5 % komplett an den Anleger. Auf die darüber hinausgehenden 4,7 % wird eine Performance Fee von 12,5 % fällig (ca. 0,59 % der Gesamtsumme). Die Nettorendite für den Anleger läge bei ca. 9,11 %.
Vergleicht man diese potenziellen Netto-Erträge mit dem
MSCI World, der
historisch eine (Brutto-)Rendite von über 9 % p.a. erzielt hat, wird die Sache selbst unter Berücksichtigung der ETF-Kosten (von unter 0,5 % p.a.) aus Sicht der ELTIFs eher ernüchternd. Der potenzielle Mehrwert der ELTIFs kann nach Kosten marginal sein. Anleger zahlen eine erhebliche, garantierte Gebühr für die Chance auf eine geringfügig höhere Rendite, während sie gleichzeitig das volle Illiquiditäts- und Komplexitätsrisiko tragen.
Hinzu kommt: Die Renditen der PE-Fonds sind mitunter sehr unterschiedlich. Während eine kleine Auswahl an Fonds beeindruckende Renditen von 15 % und mehr einfährt, liegen viele lediglich im Durchschnitt oder sogar deutlich darunter.
Die Liquiditäts-Illusion: Warum "monatlich handelbar" nicht unbedingt liquide bedeutet
Die zugrundeliegenden Anlagen – Anteile an privaten Firmen – sind fundamental illiquide und können nicht einfach an einer Börse verkauft werden. Die von den Anbietern geschaffenen Mechanismen sind bestenfalls Notlösungen, die in Krisenzeiten versagen dürften.
- Harte Lock-ups (Scalable Capital): Die Sperrfrist bis Mitte 2027 ist sehr restriktiv, aber zumindest ehrlich und unmissverständlich. Anleger wissen, worauf sie sich einlassen.
- Interne Marktplätze (Trade Republic, Liqid): Dies ist eine gefährliche Form der "Pseudoliquidität". Die Behauptung, Anteile seien "monatlich verkaufbar", suggeriert eine Flexibilität, die nicht zwingend existiert. Ein Verkauf ist ausschließlich davon abhängig, ob sich auf derselben Plattform ein Käufer findet. In einer Marktkrise, wenn alle verkaufen und niemand kaufen will, wird dieser Marktplatz höchstwahrscheinlich austrocknen.
- Limitierte Rückgaben (Gating): Die Angebote von EQT, NAO und Liqid sehen quartalsweise oder monatliche Rückgabefenster vor, begrenzen das Volumen aber streng auf einen kleinen Prozentsatz des Fondsvermögens (z.B. 3 %). Übersteigen die Verkaufswünsche dieses Limit – was in einer Krise wahrscheinlich ist – greift das "Gating": Aufträge werden nur anteilig ausgeführt oder ins nächste Zeitfenster verschoben. Dieser Mechanismus schützt den Fonds und die verbleibenden Anleger, aber nicht den Anleger, der verkaufen will.
Das Performance-Rätsel: Schlägt Private Equity den Aktienmarkt wirklich?
Die Private-Equity-Branche wirbt mit einer historischen Outperformance gegenüber öffentlichen Aktienmärkten. Diese Behauptung basiert auf Daten, die primär für institutionelle Investoren mit Zugang zu den besten Fondsmanagern gelten. Für Privatanleger stellt sich die Realität oft anders dar. Allerdings gehört auch zur Wahrheit: Bisher konnten Privatanleger aufgrund der restriktiven Regulatorik nicht ohne Weiteres in ELTIFs investieren. Ob sich das Bild dadurch positiv verändert, bleibt aber abzuwarten.
- Der Realitätscheck mit börsengehandelten PE-ETFs: Der bisher einfachste Weg für Privatanleger, in Private Equity zu investieren, waren Private Equity-ETFs, die Indizes wie den S&P Listed Private Equity abbilden. Eine Analyse der langfristigen Performance dieser Produkte ist ernüchternd: In vielen Zeiträumen konnten sie einen einfachen MSCI World ETF nicht schlagen, wiesen aber gleichzeitig eine höhere Volatilität auf.
- Das Problem des "Volatility Smoothing": Private-Equity-Fonds bewerten ihre nicht-börsennotierten Beteiligungen nur quartalsweise. Dies führt zu künstlich geglätteten Renditekurven, die z.T. ein viel geringeres Risiko (Volatilität) suggerieren, als ökonomisch tatsächlich vorhanden ist. Die wahre, unsichtbare Volatilität eines solchen Portfolios entspricht eher der von hoch gehebelten Small-Cap-Aktien. Anleger erkaufen sich eine scheinbare Ruhe im Depot, die aber nicht unbedingt der wirtschaftlichen Realität entspricht.
Fazit: Für wen sind ELTIFs (k)eine Option?
Die neuen ELTIF-Angebote sind ein zweischneidiges Schwert. Sie öffnen die Tür zu einer potenziell renditestarken Anlageklasse, doch dieser Zugang hat einen hohen Preis in Form von Gebühren, Illiquidität und Komplexität. Basierend auf dieser Analyse ergeben sich klare Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Anlegertypen.
1. Der disziplinierte ETF-Anleger (die breite Mehrheit)
Empfehlung: Bei klassischen ETFs bleiben. Für den langfristigen, disziplinierten Vermögensaufbau bleibt ein Portfolio aus kostengünstigen, liquiden und global diversifizierten ETFs die nachweislich überlegene Strategie. Die potenziellen Mehrrenditen der ELTIFs stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu den erheblichen Nachteilen durch hohe Kosten, jahrelange Kapitalbindung, undurchsichtige Strukturen und das Risiko, in einer Krise nicht an das eigene Geld zu kommen.
2. Der neugierige Entdecker (ELTIF-Einsteiger mit geringem, verzichtbarem Kapitaleinsatz)
Empfehlung: Als kleine, experimentelle Beimischung (Satelliten-Investment) denkbar. Für Anleger, die mit einem kleinen Teil ihres Vermögens erste Erfahrungen in den Privatmärkten sammeln möchten, bieten sich die niedrigschwelligen Angebote an.
Für Einsteiger bieten sich vor allem die Anbieter mit niedrigen EInstiegshürden an:
- Trade Republic* ermöglicht mit einer Mindestanlage von 1 Euro den einfachsten Zugang.
- NAO* bietet die einzigartige Möglichkeit, mit ebenfalls kleinen Beträgen in die Produkte verschiedener Manager und Strategien (z.B. Private Equity, Private Credit, Venture Capital) zu investieren und dabei zu diversifizieren.
3. Der anspruchsvolle Portfolio-Allokator (erfahrene und vermögende Anleger)
Empfehlung: Als strategische Beimischung nach sorgfältiger Prüfung möglich. Für eine kleine Gruppe von Anlegern kann ein ELTIF eine sinnvolle Ergänzung sein. Die Voraussetzungen sind jedoch streng:
- Ein bereits bestehendes, großes und breit diversifiziertes Portfolio.
- Ein Anlagehorizont von mindestens 10-15 Jahren.
- Ein tiefes Verständnis der Funktionsweise und der Risiken von Private Equity.
- Die finanziellen Möglichkeiten, auf das investierte Kapital für diesen Zeitraum vollständig verzichten zu können.
Für diese Zielgruppe bieten sich folgende Produkte an:
- Scalable Capital*: Eine gute Option für Anleger, die über eine Mindestanlagesumme von 10.000 € verfügen und den harten Lock-up bis 2027 als bewussten Teil der Strategie akzeptieren.
- Liqid: Eine Alternative für Anleger, die einen kuratierten „Family Office“-Ansatz bevorzugen und die hohen Mindestanlagen von 20.000 Euro oder mehr erfüllen können und wollen.
Abschließend lässt sich sagen, dass ELTIFs eine interessante Entwicklung am Finanzmarkt sind, allerdings nicht, wie in den Hochglanzprospekten beschrieben, das versprochene Renditewunder. Für den durchschnittlichen Anleger eignen sich klassische ETFs deutlich besser, da diese günstiger, liquider und transparenter sind als ELTIFs.
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