In nur wenigen Klicks kannst du deinen ETF ganz einfach verkaufen. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Und was solltest du dabei beachten? Wir schauen uns 5 Gründe für den ETF-Verkauf an.
ETFs sind für viele Anleger das Mittel der Wahl, wenn es um den langfristigen Vermögensaufbau geht. „Buy and Hold“ lautet das Motto: kaufen, liegen lassen, regelmäßig besparen. Aber heißt das, dass du deine ETFs niemals verkaufen solltest? Ganz klar: nein. Es gibt durchaus gute Gründe, Anteile abzugeben – die Frage ist nur: wann genau?
In diesem Artikel erfährst du die fünf wichtigsten Momente, in denen ein ETF-Verkauf sinnvoll sein kann. Außerdem geben wir dir Tipps, wie du dabei strategisch vorgehst, um Steuern und Gebühren zu optimieren und Fehler zu vermeiden.
1. Du hast dein Anlageziel erreicht
Stell dir vor, dein Depot zeigt endlich den Betrag an, auf den du hingespart hast. Dein Ziel ist finanziert, deine finanzielle Unabhängigkeit gesichert. Herzlichen Glückwunsch – das ist natürlich der schönste Grund, einen ETF zu verkaufen!
Aber wie gehst du jetzt am besten vor? Das hängt stark davon ab, wofür du das Geld ausgeben willst:
Für die finanzielle Unabhängigkeit oder die Rente: Dann ist ein sofortiger Komplettverkauf meist nicht sinnvoll. Du würdest unnötig viele Steuern zahlen und hohe Gebühren auf einmal auslösen und dein Kapital würde nicht weiter für dich arbeiten. Stattdessen lohnt es sich, schrittweise vorzugehen: Verkaufe regelmäßig nur so viele Anteile, wie du aktuell benötigst.
Für eine größere Einmalzahlung (z.B. Auto, Technik, Haus): Damit das möglich ist, wirst du wahrscheinlich gezielt Anteile im Umfang deiner Einmalzahlung verkaufen müssen. Wenn du die Möglichkeit einer Ratenzahlung hast und dadurch keine finanziellen Nachteile hast, kann es sich aber auch hier lohnen, nicht alles auf einmal auszahlen zu lassen.
Ein weiterer Vorteil: Wenn dein Portfolio aus mehreren Anlageklassen besteht, kannst du sehr gezielt vorgehen. In schwachen Börsenphasen musst du nicht die ETFs verkaufen, die gerade schlecht laufen. Du kannst stattdessen auf andere in deinem Portfolio zurückgreifen, die gerade besser laufen. So kannst du dir jederzeit die bestmöglichen Gewinne auszahlen und erhöhst die Wahrscheinlichkeit, dass dein Vermögen lange für dich reicht.
justETF Tipp: Wenn du eine regelmäßige Entnahme planst, prüfe, ob dein Broker automatische Entnahmepläne anbietet. Sie funktionieren wie ETF-Sparpläne – nur umgekehrt. Aber Achtung: Entnahmepläne können teurer sein als manuelles Verkaufen. Vergleiche die Kosten also genau, bevor du dich entscheidest.
2. Gewinne realisieren und Rebalancing durchführen
Ein zweiter wichtiger Verkaufsgrund: Du willst dein Portfolio ins Gleichgewicht zurückbringen.
Viele Anleger starten mit einer klaren Aufteilung – zum Beispiel 50 % Aktien, 50 % Anleihen oder 80 % Industrieländer-ETF und 20 % Schwellenländer-ETF. Doch durch die unterschiedliche Wertentwicklung verschiebt sich diese Balance mit der Zeit. Dein Depot könnte dann plötzlich zu 70 % aus Aktien bestehen – mehr Risiko, als du ursprünglich eingehen wolltest.
Veränderung der Portfoliostruktur bei einem 50:50 Aktien-Renten-Portfolio
Quelle: justETF Research; Stand: 01.04.2021
Die Lösung dafür heißt Rebalancing. Dabei kannst du ETF-Anteile verkaufen, die stark gestiegen sind, und das Geld in die schwächeren Positionen investieren. So stellst du dein gewünschtes Risiko-Rendite-Profil wieder her.
Der Nebeneffekt: Du realisierst automatisch Gewinne bei teuren Positionen und kaufst günstig nach – ganz ohne Bauchgefühl oder den Versuch, den Markt zu timen.
Beim Rebalancing kannst du mit verschiedenen Strategien vorgehen:
Schwellenwert-Strategie: Du legst eine maximale Abweichung (z. B. 5 Prozentpunkte) fest. Sobald diese überschritten wird, machst du dein Rebalancing.
Zeitbasierte Strategie: Du führst einmal pro Jahr ein Rebalancing durch – viele Anleger machen das z. B. am Jahresende.
Welche Methode besser zu dir passt, hängt von deinen Prioritäten und deinem Anlagehorizont ab. Die Schwellenwert-Methode ist präziser, die zeitbasierte Methode dafür einfacher umzusetzen.
justETF Tipp: Nutze unser Portfolio-Tool, um Schwellenwerte festzulegen und benachrichtigt zu werden, sobald sie überschritten werden. Außerdem berechnet dir das Tool auch, welche Assets du kaufen beziehungsweise verkaufen musst und in welcher Höhe. Du bekommst eine genaue Orderliste und kannst diese direkt bei deinem Broker umsetzen (wenn du ihn verknüpft hast).
3. Dein Leben oder deine Strategie ändert sich
Geldanlage ist kein statisches Konzept – sie muss zu deinem Leben passen. Vielleicht hast du beim Start mit ETFs keinen Immobilienkauf geplant, doch nun bietet sich eine Gelegenheit. Oder du erwartest Nachwuchs und möchtest dein Risiko reduzieren. Vielleicht stellst du auch fest, dass dir Börse und Finanzen Spaß machen und du aktiver investieren willst.
All das sind gute Gründe, deine Anlagestrategie zu überdenken – und gegebenenfalls auch Anteile zu verkaufen.
Ein besonders wichtiger Punkt ist der Übergang von der Anspar- zur Entnahmephase. Je näher du z.B. der Rente kommst, desto weniger Schwankungen willst du in deinem Depot haben. Ein Teilverkauf zugunsten risikoärmerer Anlagen kann hier sinnvoll sein.
Aber: Nicht immer musst du dafür sofort ETFs verkaufen. Du kannst dein Risiko auch durch neue Sparraten anpassen. Wenn du zum Beispiel in der Ansparphase bist, kannst du schrittweise weniger in Aktien-ETFs und mehr in kurzlaufende Anleihen-ETFs einzahlen. So baust du den sichereren Anteil im Laufe der Zeit aus, ohne Umschichtungskosten zu haben. Erst wenn es schnell gehen muss oder die neue Strategie ein anderes Anlageprofil erfordert, führt am Verkauf kein Weg vorbei.
4. Dein ETF läuft schlecht
Dieser Grund erfordert Fingerspitzengefühl. Denn kurzfristige Verluste gehören zum Investieren dazu. Selbst bei einem breit gestreuten Welt-ETF wirst du, wenn du längere Zeit dabei bist, Bärenmärkte erleben, in denen die Kurse um 20 % oder mehr fallen. Bisher haben sich solche Indizes immer erholt – und langfristig sogar neue Höchststände erreicht.
Bei thematischen oder sehr spezialisierten ETFs ist das anders. Nicht jeder Trend hält ewig. Manche Themen-ETFs laufen nach einem Hype dauerhaft schwach, weil die zugrunde liegende Branche keinen nachhaltigen Erfolg hat.
Deshalb gilt: Panikverkäufe sind tabu. Stattdessen solltest du analysieren, warum du den ETF ursprünglich gekauft hast:
Gibt es noch gute Gründe für dein Investment? Oder haben sich die Rahmenbedingungen so verändert, dass die Gründe nicht mehr standhalten können?
Wenn die zweite Frage zutrifft, kann ein Verkauf sinnvoll sein. So verhinderst du, dass du Kapital langfristig in eine Sackgasse fährst.
5. Steuern sparen
Manchmal lohnt sich ein Verkauf allein aus steuerlichen Gründen. Dabei gibt es zwei Hauptaspekte:
Verlustverrechnung: Verluste aus ETF-Verkäufen kannst du mit Gewinnen aus anderen Fonds- oder ETF-Verkäufen verrechnen – und so deine Steuerlast senken. Diese Verluste kannst du sogar ins nächste Jahr mitnehmen.
Achtung: Gewinne und Verluste aus Einzelaktien lassen sich nur innerhalb des Aktien-Topfs verrechnen, nicht mit Fonds.
Sparerpauschbetrag ausschöpfen: Jeder Anleger hat jährlich 1.000 Euro steuerfreie Kapitalerträge. Nicht genutzte Freibeträge verfallen am Jahresende. Es kann sich also lohnen, gezielt Gewinne zu realisieren – und die Anteile des ETFs sofort wieder zurückzukaufen. So sicherst du dir Jahr für Jahr steuerfreie Erträge, die durch den Zinseszinseffekt über Jahrzehnte einen erheblichen Unterschied machen können.
Unser justETF Steuerrechner hilft dir, deine individuelle Situation zu prüfen.
4 wichtige Punkte beim ETF-Verkauf
Der eigentliche Verkauf von ETFs ist unkompliziert: Du gibst bei deinem Broker eine Verkaufsorder auf und hast das Geld kurze Zeit später auf deinem Verrechnungskonto. Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die du beachten solltest:
Steuern: Plane die steuerlichen Konsequenzen sorgfältig ein und wäge die richtige Menge sowie den richtigen Zeitpunkt des Verkaufs gut ab.
Handelszeiten: Verkaufe möglichst zu Börsenhandelszeiten, um enge Spreads und bessere Kurse zu bekommen.
Gebühren: Achte auf die Preisstruktur deines Brokers. Feste Gebühren pro Order machen größere Tranchen oft günstiger als viele kleine Verkäufe.
Entnahmepläne: Prüfe, ob ein Entnahmeplan für dich sinnvoll ist – und ob die Gebühren im Vergleich zum manuellen Verkauf vertretbar sind.
Fazit: Verkaufen mit Plan statt aus Emotion
ETFs sind eine langfristige Anlage – und genau so solltest du sie auch behandeln. Aber es gibt gute Gründe, Anteile zu verkaufen: wenn du deine Ziele erreicht hast, dein Portfolio aus dem Gleichgewicht geraten ist, sich deine Lebenssituation verändert, ein ETF dauerhaft schlecht läuft oder du steuerliche Vorteile nutzen willst.
Wichtig ist: Handle nicht aus Panik oder Bauchgefühl, sondern mit einer klaren Strategie. So vermeidest du unnötige Kosten, steuerliche Nachteile und Fehlentscheidungen – und setzt dein Kapital optimal ein.
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