Bis vor wenigen Jahren war es für viele noch undenkbar, die Begriffe ETF und aktives Management in einem Satz zu verwenden.
Denn ETFs entstanden als Instrument des passiven Investierens und stellten eine echte Revolution gegenüber den traditionellen aktiven Fonds dar.
„Ich investiere in ETFs“ bedeutet für viele, einen Sparplan auf einen oder wenige globale passive ETFs zu haben, die gut diversifiziert sind und Indizes wie den MSCI World oder den S&P 500 nachbilden.
In den letzten Jahren ist die Grenze zwischen Passiv und Aktiv jedoch immer mehr verschwommen.
In der jüngeren Vergangenheit kamen vermehrt aktive ETFs auf den Markt. Diese neue Art von ETFs verbindet die effiziente Struktur von ETFs mit der für das aktive Management typischen gezielten Auswahl von Aktien.
Wir haben uns diese Anlageklasse genauer angeschaut, um herauszufinden:
Wie beliebt aktive ETFs sind und
Inwiefern sie eine Alternative zu passiven ETFs darstellen.
Was sind aktive ETFs?
Ein aktiver ETF ist im Wesentlichen ein aktiv verwalteter Fonds in der Struktur eines ETF.
Im Gegensatz zu einem passiven ETF, der automatisch einen Referenzindex wie den S&P 500, den Euro Stoxx 50 oder den MSCI Emerging Markets nachbildet, folgt der aktive ETF häufig keinen festen Regeln.
Ein professionelles Managementteam entscheidet, welche Wertpapiere gekauft oder verkauft werden sollen, mit welchen Gewichtungen und zu welchem Zeitpunkt. Dabei verfolgen sie das Ziel, den Referenzmarkt zu schlagen oder andere konkrete Vorgaben zu erfüllen, wie bspw. eine geringere Volatilität, regelmäßige Erträge oder Absicherung gegen Kursverluste zu erreichen.
Die wichtigsten Vorteile:
Strategische Flexibilität: Die Fondsmanager können schnell auf Marktveränderungen reagieren, indem sie z.B. gezielt in defensivere Aktien umschichten oder versuchen, neue Trends oder Chancen zu nutzen.
Zugang zu Fachwissen: Anleger können von der Erfahrung der Portfoliomanager profitieren.
Transparenz und Liquidität: Wie alle ETFs sind auch aktive ETFs börsennotiert und bieten Echtzeit-Kurse und tägliche Einblicke in das Portfolio (die transparenter sind als bei traditionellen Investmentfonds).
Die potenziellen Nachteile:
Höhere Kosten: Die TER (Total Expense Ratio) eines aktiven ETFs ist meistens höher als die eines passiven ETFs, bleibt jedoch in der Regel niedriger als bei klassischen aktiver Fonds.
Risiko einer Underperformance: Eine aktive Verwaltung garantiert keine Outperformance gegenüber dem Referenzindex. Wenn die Strategie nicht funktioniert, kannst du als Anleger Renditen erzielen, die nach Abzug der Kosten unter der Rendite des Referenzindex liegen.
Im Jahr 2020 wurden in der EU rund 4 Milliarden Euro (AUM) in aktiven ETPs verwaltet.
Im Jahr 2025 sind es bereits über 60 Milliarden Euro.
Ein Wachstum um das 15-fache in nur fünf Jahren.
Wachstum der aktiven ETP-AUM von 2020 bis 2025
Quelle: justETF Research, Stand: 29.09.2025
Und es geht nicht nur um das verwaltete Vermögen.
Auch die Neuauflagen zeigen ähnliche Ergebnisse. Nach unseren Daten gibt es im Jahr 2025 (Stand Oktober) bereits 140 neue aktive ETPs, und es sind noch einige Monate bis zum Jahresende.
Die Gesamtzahl liegt aktuell bei über 360 aktiven ETPs.
Anzahl der Neuauflagen von aktiven ETPs pro Jahr
Quelle: justETF Research, Stand: 29.09.2025
Trotz der starken Wachstumsrate erreicht Europa im Hinblick auf die Anzahl der aktiven ETFs noch nicht das gleiche Niveau wie die USA.
Laut Bloomberg Intelligence werden in den USA etwa 51 Prozent der fast 4.300 börsennotierten ETFs von Fondsmanagern aktiv verwaltet.
In Sachen Assets Under Management (AUM) kommen aktive ETFs in den USA aber lediglich auf etwa 10 Prozent. Der Großteil entfällt weiterhin auf passive Produkte.
Das Angebot von aktiven ETFs am Markt
Das Bild des heutigen europäischen Marktes für aktive ETFs in der EU ist viel differenzierter, als man denken könnte. Es handelt sich nicht mehr um eine Nische oder einen Randbereich, sondern um ein immer komplexeres und vielfältigeres Ökosystem.
Der größte Anteil entfällt weiterhin auf Aktien-ETFs, mit rund 219 in der EU handelbaren aktiven ETFs, die viele Arten von Strategien abdecken: von großen US-Titeln bis hin zu Schwellenmärkten, von thematischen ETFs im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz bis hin zu defensiveren Ansätzen oder der Berücksichtigung von Aktienfaktoren wie Momentum, Value oder Low Volatility.
Gleich nach den aktiven Aktien-ETFs folgen die aktiven Anleihen-ETFs, von denen es aktuell etwa 138 gibt.
Die anderen Bereiche sind deutlich kleiner:
8 aktive Geldmarkt-ETFs, die häufig als taktischer Liquiditätsspeicher oder kurzfristige Anlageinstrumente genutzt werden;
2 Edelmetall-ETFs, die aktive Strategien in einen Sektor einführen, der historisch gesehen vom einfachen Tracking des Spotpreises dominiert wurde;
1 Immobilien-ETF, der an den REIT-Sektor gekoppelt ist und versucht, die Rendite aus Kupons mit einer aktiven Auswahl der solidesten Wertpapiere zu kombinieren.
Insgesamt umfasst der Markt in der EU heute 368 aktive börsennotierte Produkte, darunter 348 ETFs, 18 ETNs und 2 ETCs.
Die ETNs stellen wahrscheinlich den innovativsten, aber auch einen sehr komplexen Teil dieses Marktes dar. Sie unterscheiden sich deutlich vom klassischen Modell passiver ETNs, da sie ausgefeiltere Strategien verfolgen, die häufig auf dem Einsatz von Optionen oder anderen Derivaten basieren, mit dem Ziel, zusätzliche Renditen gegenüber traditionellen Fonds zu erzielen.
Ein Beispiel hierfür ist der IncomeShares Tesla Options ETP, dessen Strategie auf dem Kauf von Tesla-Aktien und dem systematischen Verkauf von “Out-of-the-Money” Call-Optionen basiert, um regelmäßige Prämien zu erzielen.
Die Besten seit Jahresbeginn
Unter den besten ETFs hinsichtlich ihrer Performance seit Jahresbeginn stechen zwei Produkte von ARK Invest hervor, einem Pionier im Bereich thematischer Anlagen und aktiver Verwaltung.
Der erste ist der ARK Innovation UCITS ETF, der in Unternehmen weltweit investiert, die sich mit großen technologischen Innovationen befassen: künstliche Intelligenz, Genomik, Fintech, Automatisierung und Robotik.
Der zweite ist der ARK Artificial Intelligence & Robotics UCITS ETF, der sich auf globale Unternehmen konzentriert, die von der zunehmenden Verbreitung von Robotik und KI in industriellen Prozessen und im Konsum profitieren.
Neben diesen gehört zu den Top-Performern des Jahres 2025 auch ein ETP mit Bezug zu Gold, das komplexer strukturiert ist und dem oben genannten ETP auf Tesla ähnelt.
Es kombiniert ein direktes Exposure in Gold mit dem Verkauf von “Out-of-the-Money” Call-Optionen (OTM) auf den SPDR Gold Shares, mit dem Ziel, regelmäßige Prämien zu generieren und die potenzielle Rendite zu steigern.
Beste aktive ETFs seit Jahresbeginn
Quelle: justETF, Stand: 14.10.2025
Schlagen aktive ETFs wirklich den Markt?
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben wir einige der größten Produkte (AUM) mit einer soliden Historie analysiert und sie mit ihren jeweiligen Referenzindizes verglichen.
Das sich daraus ergebende Bild ist interessant und in vielen Fällen anders, als man vielleicht erwarten würde.
Beginnen wir mit dem JPMorgan US-Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF, einem Fonds, dessen Ziel es ist, langfristig höhere Erträge als der S&P 500 zu erzielen.
Kurzfristig performte der aktive ETF etwas schlechter als sein Referenzindex.
Betrachtet man jedoch den Zeitraum von fünf Jahren, ändert sich die Situation. In diesem Fall weist der aktive ETF eine leichte Outperformance auf, wobei die Verwaltungsgebühren bereits berücksichtigt sind.
Vergleich zwischen aktiven und passiven ETFs
Quelle: justETF, Stand: 13.10.2025
Wenn man die Rendite um das Risiko bereinigt, weist die „passive” Version über einen Zeitraum von einem und drei Jahren ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis auf. Langfristig, also über fünf Jahre, holt der aktive ETF jedoch auf und bietet ein etwas besseres Risiko-Rendite-Verhältnis.
Ein ähnliches Muster zeigt sich auch beim JPMorgan Global Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF, der darauf abzielt, eine im Vergleich zum MSCI World überdurchschnittliche Rendite zu erzielen.
Hier ist die Dynamik sehr ähnlich: eine Performance, die langfristig der Benchmark entspricht oder leicht darüber liegt, und eine geringere Rendite auf kurze Sicht.
Ein weiterer interessanter Fall ist der Amundi Smart Overnight Return UCITS ETF Acc, der uns in einen anderen Bereich führt: Anleihen. Insbesondere zu sogenannten Geldmarkt-ETFs, also Instrumente, die in Wertpapiere mit sehr kurzer Laufzeit investieren.
Das erklärte Ziel dieses ETF ist es, die Entwicklung des €STR, des Tagesgeldindex der Eurozone, sowohl bei Aufwärts- als auch bei Abwärtsbewegungen so genau wie möglich nachzubilden.
Das aktive Management konnte hier leicht besser abschneiden als die wichtigsten passiven ETFs, die am selben Markt tätig sind.
Steuer-Exkurs
Es lohnt sich, hier eine Klammer zu einem oft unterschätzten, aber entscheidenden Thema zu öffnen: die Besteuerung.
Bei dem letztgenannten ETF, der synthetisch ist, hängt die Besteuerung stark von der Zusammensetzung des Trägerportfolios ab, d. h. der Gesamtheit der Wertpapiere, die der ETF tatsächlich als Sicherheit für den Derivatekontrakt mit der Bank hält. Es handelt sich also um die tatsächlichen Sicherheiten, die der ETF besitzt, auch wenn sie nicht mit dem Index übereinstimmt, den er nachbilden möchte.
Wenn innerhalb des Trägerportfolios die Aktienkomponente überwiegt, wie bei diesem ETF, liegt die Besteuerung in der Regel bei 26 Prozent; wenn der Korb hingegen überwiegend aus Staatsanleihen einer Whitelist besteht, sinkt sie auf 12,5 Prozent.
Dies hat zwar keinen Einfluss auf die Verwaltung selbst, kann jedoch für den Anleger einen konkreten Unterschied in Bezug auf die Nettorendite ausmachen.
justETF Tipp: Wir haben darüber ausführlicher in unserem Artikel zu Geldmarkt-ETFs berichtet, in dem du mehr darüber erfährst, wie sich dieser Mechanismus auf deine tatsächliche Rendite auswirkt.
Zusammenfassende Bewertung der drei vorgestellten ETFs
Insgesamt zeigen die drei vorgestellten aktiven ETFs, dass sich das aktive Management zumindest bislang keineswegs schlecht geschlagen hat.
Vielmehr hat es in mehreren Fällen die höheren Kosten durch eine besser oder langfristig stabilere Performance wieder wettgemacht. Es ist wichtig zu beachten, dass alle genannten Renditen bereits nach Abzug der TER und anderer Verwaltungskosten angegeben sind.
Es gibt jedoch einen strukturellen Aspekt, der zu beachten ist: Aktive ETFs können in bullischen Märkten anfänglich eine leichte Outperformance erzielen. Der dadurch gewonnene Vorsprung kann sich dann im Zeitverlauf fortsetzen, auch wenn sich der Fonds an den Referenzindex angleicht.
Anders verhält es sich, wenn der Markt komplexer wird (z.B. bei starker Volatilität oder Seitwärtsbewegungen). In solchen Phasen vergrößern sich die Performance-Differenzen zwischen verschiedenen Wertpapieren und Sektoren. Hier kann die Expertise des Fondsmanagers durch gezielte Titelauswahl einen echten Unterschied machen.
In solchen unsicheren Phasen liegt die wahre Stärke des aktiven Investierens nicht nur im Versuch, den Markt zu übertreffen, sondern auch im Risikomanagement. Das Ziel kann beispielsweise sein, das Kapital zu schützen und stabilere Renditen zu erzielen, wenn die Gesamtrichtung des Marktes unklar ist.
Semitransparente ETFs - der neue Trend?
Übrigens gibt es noch eine weitere Evolution: die der halbtransparenten ETFs.
Bislang verlangte die UCITS-Verordnung, dass alle ETFs täglich die Zusammensetzung ihres Portfolios veröffentlichen. Um aktive Manager dazu zu bewegen, die ETF-Struktur zu übernehmen, ohne ihr „Geheimrezept” sofort preiszugeben, haben die wichtigsten europäischen Regulierungsbehörden begonnen, diese Regulierung zu ändern.
Mit der neuen Regelung können aktive Verwalter die Offenlegung ihrer Holdings nun um bis zu drei Monate verzögern. Dieser Zeitraum variiert je nach Land. Warum diese Neuerung? Weil aktive Manager damit am Markt agieren können, ohne direkt vom Markt „kopiert” zu werden.
In den Vereinigten Staaten, wo seit 2020 semi-transparente ETFs verfügbar sind, haben sie jedoch noch keine breite Akzeptanz gefunden. Es bleibt abzuwarten, ob das Ergebnis in Europa anders ausfallen wird.
Die Zukunft von aktiven ETFs
Laut J.P. Morgan Asset Management, dem derzeit weltweit größten Anbieter von aktiv verwalteten ETFs, wird der globale Markt in beeindruckendem Tempo wachsen: In den nächsten fünf Jahren könnten sich die Gesamtvermögenswerte sogar verfünffachen und die Schwelle von 6.000 Milliarden US-Dollar überschreiten.
Diese Entwicklung wird vor allem vom Anleihen-Produkten getragen. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf den Segmenten High Yield und Multi-Asset Income, die zunehmend die Aufmerksamkeit von Anlegern auf der Suche nach Rendite und Diversifizierung auf sich ziehen.
Letztendlich scheint 2025 tatsächlich das Jahr zu sein, in dem aktive ETFs eine führende Rolle übernommen haben.
Die Zahlen belegen ein unaufhaltsames Wachstum, und die analysierten ETFs zeigen, dass unter bestimmten Marktbedingungen ein aktives Management nicht nur mithalten kann, sondern auch einen konkreten Mehrwert bietet.
Es wäre jedoch naiv, dieses Phänomen als endgültigen Vorsprung gegenüber passiven ETFs zu interpretieren.
Wir befinden uns also vielmehr in einer Phase der Koexistenz als in einer Phase der Ablösung.
Es bleibt abzuwarten, ob aktives Portfoliomanagement seine Vorteile auch dann unter Beweis stellen kann, wenn sich die Märkte – was früher oder später unvermeidlich ist – wieder in eine andere Richtung entwickeln.
Insbesondere in zukünftigen Bärenmärkten oder einer längeren Seitwärtsphase werden wir herausfinden, ob aktive ETFs ausreichend flexibel und anpassungsfähig sind und ob sie mit passiven ETFs mithalten können.
Den besten ETF-Sparplan finden!
Alle Gebühren, Aktionsangebote und Anbieter im Test